Runde 6 - Das Eis ist gebrochen

von Christian Göppinger am Mittwoch 23.5.2018 10:26
Nach den letzten vier zermürbenden und demotivierenden Runden machte sich Frust breit. Das Mannschaftsblitz U14 vom 22. Mai brachte hier eine gelegene Abwechslung und die drei Württemberger konnten mit dem 2. Platz einen kleinen Erfolgsmoment verbuchen, der Oliver sicher gut tat. In Runde 6 lief es am Folgetag auch gleich deutlich besser. Olivers Gegner war mit 1373 DWZ eher ein Leichtgewicht auf dem Papier, dennoch darf man bei Jugendturnieren niemals den Gegner aufgrund der Wertungszahl unterschätzen. Die Partie dauerte allerdings nicht lange und so stand bereits kurz nach 10 Uhr Olivers Sieg im Netz.


1. e4 c5 2. Nf3 d6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 a6 6. Be3 e5 7. Nb3 Be7 8. f3
O-O 9. Qd2 b5 10. O-O-O Be6 11. Nd5 Nbd7 12. g4 Qb8 13. Nxe7+ Kh8 14. Qxd6 Qd8
15. Nc6 Qc8 16. Nxe5 Bxb3 17. axb3 Nxe5 18. Qxe5 b4 19. Bc4 h6 20. Bxh6 Re8 21.
Bxg7+ Kxg7 22. Qg5+ Kf8 23. Qxf6 Re7 24. Qh8# 1-0



Runde 6 brachte erneut Sizilianisch aufs Brett – dieses Mal führte jedoch Oliver die weißen Steine. Mit der Najdorfvariante wählte Schwarz – ebenso wie Olis Gegner in Runde 3 – den populärsten und theoretisch gesündesten Sizilianer auf Topniveau, der häufig zu extrem scharfem Spiel führt. Oliver steuerte mit 6. Le3 in den Englischen Angriff, während er mit 6. Lc4 in Runde 3 wenig Erfolg hatte. An dieser Stelle hat Schwarz die Wahl zwischen drei großen Verzweigungen. Schwarz entschied sich für das Najdorftypische 6. … e5, der die beliebteste Fortsetzung von Schwarz in dieser Stellung ist. Nachfolgendes 7. … Le7 ist etwas seltener, üblicher ist 7. … Le6, was flexibler in den schwarzen Aufbau passt. 8. … 0-0 ist erneut selten, wenn auch einige Male gespielt. Schwarz spielte die Eröffnung generell etwas ungenau, 9. … b5 bietet Weiß bereits kleine Zusatzoptionen wie Ideen mit a4 oder Sd5, da hier zum einen der schwarze Läufer noch nicht auf e6 steht und auf der anderen Seite der restliche schwarze Damenflügel unterentwickelt ist, allerdings ist die Stellung noch völlig in Ordnung. In der Praxispartie zweier Meister von 1990 spielte Weiß denselben natürlichen Zug, den auch Oliver wählte – die lange Rochade. In der anschließend entstandenen, typischen Najdorfstellung besteht der weiße Kernplan aus einem Bauernsturm am Königsflügel, üblicherweise eingeleitet mit g4. Olivers 11. Sd5 ist ebenfalls ein bekannter Plan, der normal mit 11. … Sxd5 und 12. … Lf5 – oder 11. … Lxd5 und 12. … Dc7 beantwortet wird, wonach ein interessantes Mittelspiel bevorsteht. 11. … Sbd7?? ist ein deutlicher Fehler, da Weiß sehr einfach mit der kleinen Kombination 12. Sxe7+ Dxe7 13. Dxd6 einen wichtigen Zentrumsbauer ohne ersichtliche Kompensation für Schwarz gewinnt. Nach Olivers 12. g4 was diese Chance verpasst, hätte Schwarz wieder mit dem typischen 12. … Lxd5 13. e4xd5 Sdb6 eine ausgeglichene Stellung mit gegenseitigen Chancen erhalten können. Schwarz sah hier vermutlich Gespenster oder hatte die eigenen Figuren nicht mehr auf dem Schirm, denn sein 12. … Db8?? stellte mehr als offensichtlich den Läufer auf e7 ein – mit Schach. Und den Bauern d6 noch mit dazu. Das ließ sich Oliver nicht entgehen – schnapp schnapp, schon hatte er absolut gewinnbringenden Materialvorteil und weiterhin gute Angriffschancen gegen den König. Die folgenden schwarzen Züge hätten sicher im Räuberschach Beachtung gefunden. Oliver sackte geschickt einen Bauer nach dem anderen ein und die schöne Kombination beginnend mit 20. Lxh6 wurde stark ausgespielt. In komplett aussichtsloser Stellung verschaffte Schwarz den beiden Spielern schließlich mit dem gewaltigen Patzer 23. … Te7?? eine ausgedehnte Mittagspause, da Oliver gekonnt mit 24. Dh8# das Schachmatt aufs Brett klopfte. Dieser Sieg ist genau das, was Oli in dieser Situation gebraucht hat.

Nun gilt es in der Folgerunde und im fortlaufenden Turnier vor allem für Oliver sich mit Schwarz zu stabilisieren.

Olivers Partie
Paarungen Runde 6